Priestertum der Frau
Die Diskussion des Priestertums der Frau eröffnete Kardinal
Meisner mit einer Erklärung: ,,Nach der nochmaligen Bekräftigung
der Entscheidung des Lehramtes (der Kirche) zur Frage nach dem
Priesteramt der Frau sah ich mich genötigt, die vorgesehene
Erörterung dieses Themas als Meinungsbild abzusetzen, um nicht
zu einer noch größeren Verunsicherung in dieser
Frage beizutragen und um mein eindeutiges Mittragen dieser
Lehrentscheidung zum Ausdruck zu bringen. Ich weiß aber auch,
wie sehr dieses Thema viele Menschen - namentlich
Frauen - im Erzbistum bewegt. Das kann mir nicht gleichgültig
sein. Am Schluß der letzten Schlußversammlung sprach ich von der
Spannung und Zerreißprobe, in die ein Bischof bei seinem
Einheitsdienst gelangen kann. Hier haben wir einen solchen Fall.
Ich kann diese Spannung nicht auflösen, ich habe hier keinen
Spielraum, aber ich möchte Ihre Meinung dazu hören. So werde ich
die Erörterung dieses Themas nicht absetzen und wie ursprünglich
geplant durchführen. Nach dieser Aussprache werde ich Sie
fragen, wer von Ihnen sich in dieser Frage als sehr betroffen
empfindet? Für den Verkündigungsdienst in der nächsten Zukunft
ist mir ein Meinungsbild darüber wichtig. Ich bitte Sie herzlich
um Verständnis für meine Abwägung.``
In der nun folgenden Diskussion wurde bezweifelt, daß dieses
Thema ,,für alle Zeiten vom Tisch`` sei. Frauen erklärten, sie
fühlten sich von Rom nicht ernstgenommen, unabhängig davon, ob
sie persönlich das Priesteramt anstrebten oder nicht. Etwas mehr
Mut und Demut sei zu wünschen. Andere Frauen verschärften: Auch
sie hätten angesichts der römischen Äußerung keinen Spielraum
mehr. Auch ein Pfarrer gab zu, durch diese Entscheidung in ein
,,tiefes Loch`` gefallen zu sein. Die Historiker, die Exegeten und
die Dogmatiker seien sich in der Frage keineswegs so sicher, wie
der römische Text vorgebe. Auf die Zeitgebundenheit der bloß
männlichen Priester zu Zeiten Jesu verwies ein
anderer. Ein weiterer Pfarrer warnte davor, die berechtigte
Forderung nach der Frauenordination jetzt voran zu treiben: Die
Frauen schadeten sich damit selbst. Wieder ein anderer Pfarrer
zeigte die Gefahr der Polarisierung auf: Unversöhnliche
Gegensätze, große Wut beträfen nicht nur Frauen. Viele fühlten
sich abgrundtief verletzt. Der Erzbischof müsse erkennen lassen,
daß er dies wahrnehme. Er müsse Hilfe geben, warum diese
römische Entscheidung keine Diskriminierung der Frau darstelle.
In der Diskussion wurde daran erinnert, daß etwa zur gleichen
Zeit bei der Deutschen Bischofskonferenz 1,5 Mio Unterschriften
übergeben würden, die unter anderem die Frauenordination
forderten. Es gab auch Diskussionsbeiträge von zwei Frauen, in
denen zum Ausdruck kam, daß sie sich auch ohne die Möglichkeit
der Priesterweihe in der Kirche wohlfühlen. An die prophetische
Rolle der Frau in der Kirche wurde erinnert und daran, daß man
diese Diskussion gelassener führen müsse und die Rolle der Frau
nicht aus der Tradition definieren müsse. Ein Geistlicher
bekannte, seine Vernunft sträube sich, die römische Vorgabe
gläubig anzunehmen.
Kardinal Meisner bedankte sich für die faire, reiche und
sachliche Diskussion. Nach seiner Ansicht muß aber das Lehramt
die Möglichkeit haben, Glaubenswahrheiten irreversibel
festzustellen. Gefordert sei die innere Zustimmung. Nicht das
Lehramt müsse die Begründung geben, sondern die Theologie. Im
übrigen sei die Anglikanische Kirche durch die positive
Beantwortung dieser Frage in eine tiefe Glaubenskrise geraten.
Der Erzbischof stellte dann seine Frage: ,,Empfinden Sie sich
durch die Entscheidung des kirchlichen Lehramtes, keine
Vollmacht für die Zulassung von Frauen zum Priesteramt zu haben,
sehr betroffen¿`
Mit ja votierten 104 (75,3 Prozent),
mit Nein 28 (20,2 Prozent),
es enthielten sich 6 (4,3 Prozent).